Körper und Geschlecht

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Körper und Geschlecht

Oft wird von „körperlichem Geschlecht“ oder von „biologischem Geschlecht“ gesprochen. Den meisten Leuten ist aber gar nicht klar, dass auch das nicht eine einzelne Kategorie ist, die sich auf „männlich“ und „weiblich“ aufteilt, sondern ein Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Einzelteilen. Manche dieser „Einzelteile“ sind sichtbar, wenn ein Mensch nackt vor einem steht, andere sind weniger offensichtlich.

Hier eine Liste solcher bekannter Einzelteile (mit Beispielen):
– Chromosomen (XX, XY, XXY, X0, XYY)
– Hormone (Östrogen, Progesteron, Testosteron)
– äussere Organe (Penis, Hodensack, Schamlippen, Klitoris)
– innere Organe (Vagina, Gebärmutter, Samenleiter)
– Gonaden (Hoden, Eierstöcke, Ovotestes)
– Geschlechtsdrüsen (Prostata, Paraurethaldrüse)
– Keimzellen (Spermien, Eizellen)

Intersexualität

Die meisten von uns haben in der Schule gelernt, dass diese Einzelteile eindeutig als männlich oder weiblich identifizierbar sind, und dass sie immer auf eine bestimmte Art zusammenpassen. Also zum Beispiel XX-Chromosomen, Klitoris und Eizellen im selben Körper.
Wenn das nicht der Fall ist, dann spricht die Medizin von Intersexualität[W], also wenn entweder einzelne Teile uneindeutig sind (zB XXY-Chromosomen statt XX oder XY, oder Ovotestes statt Eierstöcke oder Hoden), oder wenn die Teile nicht zusammenpassen (z.B. ein Mensch mit Penis und Gebärmutter, oder links Hoden und rechts Eierstock).

Es gibt sehr viele verschiedene Arten von Intersexualität. Manche sind sehr offensichtlich (zum Beispiel wenn das äussere Genital uneindeutig ist), andere fallen erst später auf (etwa bei Menschen mit Penis und Gebärmutter, was oft erst in der Pubertät bemerkt wird) und manche Formen entdeckt man nur durch Zufall oder nie (beispielsweise „männliche“ Chromosomen bei „weiblichem“ Körper, wer lässt schon einfach so seine Chromosomen testen?).
Manchmal werden Intersexuelle auch Zwitter oder Hermaphroditen genannt, manche Betroffene bevorzugen diese Begriffe sogar. In der Biologie spricht man jedoch nur dann von Zwittern, wenn männliche und weibliche Geschlechtsorgane vollständig ausgeprägt im selben Körper vorkommen, was bei Menschen sehr, sehr selten ist.

Zugewiesenes Geschlecht

Die exakte Grenze zwischen „männlich“ und „weiblich“ ist medizinisch nicht eindeutig definiert und oft eine Sache des Abwägens im Einzelfall. In den meisten deutschsprachigen Ländern muss das Geschlecht eines Neugeborenen aber binnen weniger Wochen eindeutig entschieden werden, und für diese Entscheidung stehen nur die Optionen „männlich“ und „weiblich“ zur Verfügung. Selbst bei einem eindeutig intersexuellen Kind muss also in der Geburtsurkunde „w“ oder „m“ eingetragen werden (intersexuell gilt dann leider als Störung, und wird häufig chirurgisch „korrigiert“, ob die Betroffenen das wollen oder nicht).

Dieses Geschlecht, das kurz nach der Geburt für das Kind entschieden und in die Geburtsurkunde eingetragen wird, nennt man „zugewiesenes Geschlecht“ oder manchmal auch „Geburtsgeschlecht“.
Dieses Geschlecht später in den Personalausweis oder andere amtliche Dokumente übertragen und ist dann das amtliche Geschlecht dieser Person. Allerdings geschieht diese Geschlechtszuweisung in einem Alter, in dem die betroffene Person noch nicht sprechen oder ihre Geschlechtsidenität irgendwie ausdrücken kann, deswegen stimmt das zugewiesene Geschlecht manchmal nicht mit dem Identitätsgeschlecht[Ø] oder den sozialen Attributen[Ø] überein.

Wenn das zugewiesene Geschlecht nicht mit der Geschlechtsidentität übereinstimmt, dann wird das meistens „trans“ genannt, kurz für „transident“ oder „transsexuell“ oder „transgender“. Das Gegenteil von trans ist cis. Wenn also das Geschlecht das bei der Geburt zugewiesen wurde mit der Geschlechtsidentität übereinstimmt, dann ist eine Person cis.

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